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Bealach na Bà – Schottlands gefährlichster Pass

Der Gebirgspass Bealach na Bà verbindet die Applecross-Halbinsel mit Lochcarron. Er gehört zu einer der schönsten aber auch anspruchvollsten Routen Schottlands.

Greag ghorm am Bealach an Bà
Greag Ghorm am Bealach an Bà

Der Asphalt der Straße ist seitlich schon reichlich ausgefranst, hie und da ziehen sich Risse durch die Fahrbahndecke oder es tun sich gar runde dunkle Löcher auf. Und darauf sollen wir nun einen der gefährlichsten Pässe Großbritanniens fahren? Ein bisschen mulmig wird uns schon.

Individualreisen nach Schottland

Zusammen mit dem Reisebüro Lüttje Törn bieten wir hier individuelle Reisen nach Schottland an. Welche Routen möglich sind, steht hier:

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In Applecross

Unten im Ort Applecross fängt die Straße noch so idyllisch an: Gärten und Bäume rahmen sie dort ein. Doch die weichen bald der typisch kargen Highland-Landschaft aus Heide, Gras und dunkler Erde, durchsetzt mit grauen Steinen.

Wir befinden uns auf der Route zum Bealach na Bà, dem „Vieh-Pass“, einem der wenigen Übergänge, der die Applecross-Halbinsel mit dem restlichen Teil der Grafschaft Ross verbindet. Und der höchste durchgehende Anstieg einer Straße in Großbritannien. Teilweise sind bis zu 20 Prozent Steigung zu bewältigen – je nachdem von welcher Seite man ihn befährt. Hinauf führt eine alte Singletrack Road, also eine einspurige Straße, die schon bessere Zeiten gesehen hat.

Der Bealach na Bà ist also schwierig. So schwierig, dass er im Winter oft nicht befahren werden kann und dass er nur für geübte Fahrer empfohlen wird. Ihn gar mit einem Wohnanhänger zu befahren, davon wird per roten Warnschildern dringend abgeraten.

Uns hat das nicht aufgehalten. Nun kommt in der Ferne langsam ein langer Bergbuckel in Sicht, es sieht fast so aus, als würde er sich aus der Landschaft erheben. Das ist der Creag Ghorm, der „blaue Fels“. Er steht wie ein Wächter vor dem Pass selbst, an seiner Flanke verläuft die Straße, ehe sie sich kurz auf einer Art Hochplateau ausruht und sich dann wieder ins Tal stürzt.

Blick nach Skye

Eine kurze Rast ist uns vergönnt. Hier oben gibt es sogar einen Aussichtspunkt auf 626 Meter Höhe, der einen den Blick auf die Isle of Skye gewährt – wenn das Wetter klar ist. Für uns verhüllt sich an diesem Tag jedoch die „Insel des Nebels“ in Wolken und so fahren wir gleich weiter.

Es ist windig kurz vor dem Pass. Es pfeift so sehr, fast hätten wir das unverkennbare Röhren nicht wahrgenommen. Wir stoppen das Auto am Straßenrand und hören genauer hin, versuchen die Quelle des Geräusches zu erkennen. Rechts, in der großen Senke neben der Straße sehen wir sie schließlich: Eine Hirschkuh und ein Stück dahinter ein brünftiger Bulle, der immer wieder sein Maul aufreißt, um das raue Röhren von sich zu geben.

Hirsch am Pass

Das Paar wandert ein Stück parallel der Straße, ehe die beiden – nur wenige Meter von unserem Auto – die Straße überqueren und ihren Weg fortsetzen. Mit so einer Szene hatten wir hier oben nicht gerechnet. Noch lange schauen wir dem Rotwild nach, ehe wir uns wieder auf den Weg machen. Schließlich kommt nun der schwierigste Teil der Tour: Die Abfahrt vom Pass nach Lochcarron.

Das Tal und Loch Kishorn

Als wir sehen, wie sich hier die Straße in die Tiefe stürzt, stockt uns der Atem. Der Blick in das weite Tal so respekteinflößend wie grandios. Auf nur acht Kilometer geht es um rund 600 Meter in die Tiefe. Unten am Boden windet sich ein kleiner Fluss, der Allt a‘ Chumhaing, bis zum Meeresloch Kishorn.

Nicht nur, dass es steil hier ist, Haarnadelkurven erschweren die Fahrt zusätzlich auf der einspurigen Straße. Entgegenkommende Autos stellen mitunter ein echtes Problem dar, doch meist sehen wir sie frühzeitig und können in einen Passing-Place ausweichen. Als wir schließlich auf Meereshöhe am Ort Tornapress ankommen, überwiegt das Gefühl mit dem Gebirgspass und den Hirschen ein unvergessliches Erlebnis hinunter uns zu lassen.

Wissen: Vom Viehtreiben in den Highlands

Der Bealach Na Bà heißt „Vieh-Pass“, weil über ihn hinweg die Treiber ihre Rinder getrieben haben. Die Treiber, quasi eine Art Highland-Cowboys, kauften im 17. Jahrhundert Bauern überschüssige Rinder ab und brachten diese nach Süden zu Marktplätzen wie zum Beispiel die Städte Falkirk oder Crieff.

Da die Treiber die meiste Zeit in der freien Natur verbrachten, sahen sie in den Augen der Lowlander verwildert aus – und rochen nach Heide und Torf, so die Beobachtung eines Zeitzeugen. Dennoch waren sie geachtete Leute, schließlich kannten sie das Land gut, konnten mit Vieh umgehen und galten als vertrauenswürdig. Das mussten sie auch sein, denn sonst hätte ihnen niemand Vieh anvertraut.

Das Ende der Treiber kam im 19. Jahrhundert, als durch die Schifffahrt und später die Eisenbahn das Vieh schneller und in größeren Massen transportiert werden konnte.

Die alten Routen der Treiber, die Drover’s Roads, wurden in vielen Fällen später in tatsächliche Straßen umgewandelt. Die Straße über den Bealach na Bà wurde 1822 angelegt, 1950 wurde sie geteert und bis in die 1970er hinein war sie die einzige Verbindung nach Applecross.

Tipp: Weiter nach Torridon

Loch Shieldaig und Torridon-Massiv

Der Bealach na Bà lässt sich prima als Fahrt über die gesamte Halbinsel anlegen. So kann man also von Lochcarron und Tornapress über den Pass nach Applecross weiter zum Loch Shieldaig beim wilden Torridon Bergmassiv wieder auf die A986. Oder man dreht die Route um, ganz wie man möchte. Die gesamte Tour gehört zu einer der schönsten Fahrten Schottlands.

Persönliche Anmerkung: Herausforderung für Radfahrer

Radfahrer bei der Auffahrt

Als Triathlet, der sich auch gerne mal auf das Rennrad schwingt, kam mir natürlich sofort in den Sinn, den Bealach na Bà auch mit dem Rad zu bezwingen. Beim „in den Sinn kommen“ blieb es allerdings auch bis heute. Das hat auch damit zu tun, dass uns bei der Abfahrt nach Lochcarron ein Rennradfahrer entgegenkam und ich sehen konnte, welche Anstrengung das ist.

Trotz oder wegen der Schwierigkeit des Passes gibt es über den Bealach na Bà pro Jahr zwei Jedermann-Rennen: Den Bealach Beag und den Bealach Mòr, den „kleinen Pass“ und den „großen Pass“. Infos dazu gibt es hier.

Anfahrt:

Die Route beginnt wahlweise in Applecross oder in Lochcarron.

Mit Navigationsgerät: Entweder „IV54 8LN“ eingeben, wenn man von Lochcarron nach nach Applecross möchte, oder „IV54 8YD“ für die umgekehrte Richtung.

Ohne Navi: Lochcarron erreicht man über die A87 aus. Zwischen der Skye-Bridge und Eilean Donan Castle zweigt hier die A890 nach Gairloch ab. Ihr folgen, bis man bei Strathcarron die Bahngleise überquert, danach an der T-Kreuzung nach links auf die A896 nach Lochcarron. Der Straße noch bis kurz vor Tornapress folgen, immer auf das Hinweisschild „Applecross“ achtend. Richtig ist es, wenn man die beiden Schilder sieht, die vor dem Pass warnen: ein rotes und ein blaues übereinander. Dann der Straße bis zum Bealach na Bà folgen.

Von Shieldaig aus fährt man die A896 bis ein doppeltes Hinweisschild für Lochcarron erscheint: Eines zeigt gerade aus, das Zweite verweist auf die „Scenic Route“. Ein weiteres Schild zeigt nach rechts nach Kenmore und Applecross. Hier abbiegen und die lange Straße entlang des Loch Torridon fahren, bis man nach Applecross gelangt. Hier einfach den roten Warnschildern zur „Steep narrow Road“ (steile enge Straße) folgen.

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