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Die Wikinger in Schottland und den Highlands

Angst und Schrecken brachten sie – aber auch Handel und Handwerk, Sprache und Kultur. Die Wikinger herrschten für vier Jahrhunderte lang über weite Teile der Highlands. Und haben bis heute Spuren hinterlassen …

Wikinger-Boot in der Lamlash Bay
Wikinger-Boot in der Lamlash Bay

Das Verhältnis zwischen den in Schottland ansässigen Völkern und den Wikingern fing laut den Chroniken nicht besonders gut an: Am 8. Juni 793 stürmten Männer, die auf langen Schiffen von Norden gekommen waren, das Kloster von Lindisfarne. Sie mordeten und plünderten, ehe sie schließlich wieder von der kleinen Insel vor der Ostküste Nordenglands abzogen.

Die Wikinger, so glaubt die Wissenschaft heute, waren zu der Zeit keine Unbekannten mehr. Es kam schon vor 793 vereinzelt Überfälle, und man geht sogar davon aus, dass es erst Handelsbeziehungen gab, ehe einige Nordmänner mit dem Plündern anfingen. Ein Indiz sind kürzlich gefundene Gräber von Wikingern in Irland. Ihre Gebeine sind mit hoher Wahrscheinlichkeit dort beerdigt worden, noch bevor es zu den Überfällen kam.

Doch im Gedächtnis der Menschen und in den Chroniken markierte Lindisfarne den Beginn der Wikinger-Ära, den Beginn des Schreckens.

Fortan ließen sich die Männer aus dem Norden häufig ­blicken: Das Kloster auf Iona im Westen Schottlands, ein wichtiges spirituelles Zentrum der Gälen von Dalriada, überfielen sie gleich dreimal in den Jahren 795, 802 und 806. Die Kirchen auf Islay waren ebenso im Visier der Angreifer. Kurzum: Die Wikinger waren eine Heimsuchung für die Highlands, die westlichen Inseln und auch für Irland und England.

Zu dieser Zeit waren die Shetlands und Orkneys, also die Inseln im Norden, vermutlich bereits in der Hand der Skandinavier. Der Norden und Teile des Ostens des schottischen Festlands sollten folgen; Caithness und Sutherland fielen schnell den Nordmännern anheim. Über die Äußeren Hebriden, Skye, Mull, Islay, die Highlands im Westen … kurz: über weite Landstriche Großbritanniens herrschten nun bald die Völker aus Norwegen, Schweden und Dänemark.

Waren es zu Beginn zunächst nur Raubzüge gewesen, die meist von jungen Wikingern zum Beweis ihrer Kriegskunst und zum Sammeln von Reichtum ausgeführt wurden, kamen mit den Jahren auch Siedler nach Schottland. Wie die Inbesitznahme des Landes vor sich ging, darüber streiten sich die Gelehrten allerdings. Einige glauben, dass besonders auf den nördlichen Inseln eine schleichende und friedliche Übernahme vonstatten ging. Andere gehen tatsächlich von einem Völkermord durch die Wikinger aus. Durch Ausgrabungen auf den Äußeren Hebriden weiß man, dass sich dort zum Beispiel die Töpfer- und Eisenwaren schnell und deutlich im Stil veränderten, was nicht auf eine friedliche Integration hindeutet, sondern auf Vertreibung, Versklavung und Vernichtung.

Wikinger in Schottland – Kartenmaterial: Openstreetmap.org

Dort wo sich die Wikinger niederließen, änderte sich auch die Sprache. Wortendungen wie „-ness“ oder „-vik“ oder andere weisen noch heute deutlich auf nordische Ortsnamen hin. Broad­ford auf Skye etwa birgt den „Fjord“ in sich, es kommt von „breida-fjord“ und bedeutet „breiter Meeresarm“. Oder die Insel Jura bei Islay kommt vom nordischen „dyr ey“ – die „Rotwild-Insel“. Die Liste solcher Beispiele ließe sich an dieser Stelle noch lange fortsetzen.

Die Wikinger-Siedler brachten neben der Sprache auch ihr Handwerk mit. Damit prägten sie zum Beispiel den Hausbau. Die später verbreiteten schottischen Blackhouses etwa weisen starke Ähnlichkeit mit den Langhäusern der Nordmänner auf. Und nicht zu vergessen: Die Wikinger waren geübte Seefahrer und Schiffsbauer. Auch diese Kunst etablierten sie auf den Inseln. Sie bildete sogar die Grundlage für die bald folgende Herrschaft der Lords of the Isles auf den Hebriden. Deren schnelle Boote, die sogenannten Birlinns trugen später Truppen und Waren quer durch das Hoheitsgebiet. Diese Birlinns waren nichts anderes als Weiterentwicklungen der nordischen Drachenschiffe.

Doch aus der Ferne ließen sich die Gebiete Großbritanniens nicht ewig regieren …

Erste Erfolge gegen die Wikinger

Im 12. Jahrhundert gebar eine nordische Mutter einem gälischen Vater einen Sohn. Sie nannten ihn Somerled – den „Sommer Reisenden“ und er sollte zu dem Mann heranwachsen, der die Macht der nordischen Herrscher über Schottland zumindest teilweise erschüttern würde.

Blackhouse auf Lewis

Im Jahre 1156 schlug Somerled eine Seeschlacht um die Herrschaft der westlichen Inseln. Sie endete mit einem Patt, und so einigten sich die Parteien auf eine Teilung des Territoriums der Inseln: Somerled erhielt Islay, Jura und Mull, während sein Gegner Godred II. die Äußeren Hebriden, Skye und die Isle of Man behielt. Später holte Somerled sich auch die übrigen Territorien. Als er das tat, sagte er diese Bereiche vom norwegischen König los und etablierte neben den Nordmännern und den Schotten ein drittes Reich, das später zwar nominell wieder dem norwegischen König unterstellt war, aber bereits eine eigene Entwicklung einschlug.

Somerled war 1160 so mächtig geworden, dass auch der Schotten-König ­Malcom IV ihn als Bedrohung wahrnahm. So kam es zwischen beiden zu einer Schlacht, die keiner so recht gewinnen konnte. Ein wackliger Friede wurde ausgehandelt, der aber nur vier Jahre hielt. 1164 zog Somerled erneut mit einem Heer gegen Schottland aus. Doch ehe es zu nennenswerten Kämpfen kam, wurde er vermutlich ermordet.

Was Somerled hinterließ waren von Fremdherrschaft befreite Inseln. Seine Nachfahren formten aus diesem Nachlass später ein neues Reich – das Gebiet der Lords of the Isles. Nachfahren hatte Somerled übrigens viele, man könnte sagen, er sei ein schottischer Übervater. Denn eine DNA-Studie geht davon aus, dass er heute noch 500.000 lebende Nachfahren weltweit hat. Eine Zahl, die nur von Dschingis Khan übertroffen wird. Kein Wunder, denn mehrere Clans, etwa die bekannten McDonalds, stammen von ihm und seinen Kindern ab. Und die haben sich auch durch die Highland ­Clearances über die ganze Welt verstreut.

Da er eben auch zum Teil nordischen Geblüts war, leben in diesen Nachkommen auch die schottischen Wikinger weiter.

Das Ende der Herrschaft der Norweger

Die Macht der Nordmänner war durch Somerled in Frage gestellt worden. Doch noch immer herrschten sie über weite Teile Schottlands und rein rechtlich waren ihnen die westlichen Inseln noch unterstellt. Das wollten im 13. Jahrhundert die schottischen Könige Alexander II. und III. ändern. Sie wollten die Gebiete vereinnahmen – zuerst versuchten sie einen Handel, danach gingen sie mit Gewalt vor. Als König Hakon III. mit seiner Armee schließlich an die schottische Westküste kam und eine Kampagne zur Erhaltung seiner Macht startete, konnte er keine entscheidende Klärung herbeiführen. Zwar blieb er auf dem Felde meist siegreich, wie auch bei der Schlacht von Largs, doch der nahenede Winter vertreib ihn schließlich.

Hakon III. zog sich nach Orkney zurück und starb dort. Sein Nachfolger trat 1266 im Frieden von Perth alle Gebiet an die schottische Krone ab, außer den Orkneys und den Shetlands. Diese Inseln blieben noch bis 1468 in Hand der Norweger, ehe auch sie an Schottland fielen. Friedlich. Als Mitgift einer Hochzeit. Die Herrschaft der Wikinger in Schotland war damit nach rund 700 Jahren beendet.

Am längsten hielt aber sich die Wikinger-Sprache: Das sogenannte Norn wurde auf Orkney und den Shetlands bis ins 18 Jahrhundert gesprochen und fließt noch heute in den Dialekt ein.

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