Lords of the Isles – das verlorene Reich der schottischen Inseln

„Dominus Insularum“ – als Herrscher der Inseln unterschrieb er seinen Brief. Er schuf damit ein neues Reich, das bald mächtiger war als dessen Nachbar Schottland. Er, das war John of Islay. Die Zeit: 1336 nach Christus. Der Brief ging an den König von England und handelte von Macht, Landbesitz und Verrat.

Lords of the Isles - Grabplatten
Gräber der Lords of the Isles

Als John den Brief unterschrieb hatte er sich damit zum ersten Lord of the Isles gemacht. Doch das Herrschaftsgebiet wurde schon länger von ihm und seinen Vorfahren in Anspruch genommen. Sein Reich umfasste einige der Inneren Hebriden, darunter Islay, Jura, Mull und die kleineren Inseln Colonsay, Coll und Tiree; außerdem noch Teile der schottischen Westküste wie Kintyre, Knapdale, Ardnamurchan, Morvern und Glencoe.

Geerbt hatte John die Ländereien von der Herrscherlinie, die direkt vom legendären Somerled abstammte. Jenem Mann, der die Wikinger von den Inseln vertrieben hatte. John war also einer der Urväter des Clan Donald.

Das Reich basierte auf wechselnden Bündnissen

Karte des Reichs der Lords of the Isles - Quelle Schottland-Karte: Openstreetmap.org
Ausdehnung der Lordship of the Isles – Quelle Schottland-Karte: Openstreetmap.org

Der Brief an den Edward hatte einen Grund, der dem schottischen König nicht gefiel: John bestätigte darin seine Unterstützung der Engländer für eine Kampagne gegen den Nachbarn auf dem Festland. Dafür sollte der englische Herrscher versichern, dass der Landbesitz des Lords sicher sei.

Tatsächlich basierte das Inselreich auf wechselnden Bündnissen. So war Johns Vorfahren ein Großteil des Landes geschenkt worden, weil sie den berühmten Robert the Bruce bei seinen Befreiungs-Kriegen gegen England geholfen hatten.

Doch was nutzen alte Bündnisse? John hatte den richtigen Riecher zu seiner Zeit und paktierte jetzt gegen Schottland, ergriff aber nie Initiative und hielt sich mit handfester Unterstützung zurück. Er spielte die beiden Kontrahenten geschickt aus.

Tatsächlich: Schottland und England bekriegten sich während des gesamten Lebens von John of Islay. Wo sich zwei streiten, freut sich der Dritte. So gelangte der Lord of the Isles in Besitz weiterer Ländereien der schottischen Krone und konnte sich in Ruhe die Herrschaft über die äußeren Hebriden sichern.

Etwas war dabei wichtig: John vermied es, sich selbst als König zu bezeichnen, er stellte nie offiziell die schottische Krone in Frage (nur deren Besitzer vielleicht). Zwar war sein Insel-Reich defacto unabhängig, denn der schottische König hatte keine Macht über dessen Krieger, doch konnten die Schotten stets den Schein wahren, sie wären die eigentlichen Herren.

Die Macht der Lords of the Isles

Ein paar Inseln und etwas Küstengebiet, wie konnten die bald mächtiger sein, als das schottische Reich?

Zum einen kontrollierte der schottische König tatsächlich nur die Lowlands, also den Süden Schottlands. Die Highlands mit ihren Clans konnte er nicht wirklich regieren. Die Clans hörten sogar eher auf die Lords of the Isles, teilten sie doch das Clansystem, während in den Lowlands schon eine Feudalherrschaft errichtet war – undenkbar für die freiheitsliebenden Highlander!

Und dann hatten die Inselbewohner der Lordship noch etwas, das die Schotten nicht besaßen: Eine Flotte an wendigen Galeeren, Weiterentwicklungen der alten Wikingerschiffe, die ihre Krieger überall hin brachten. Und Krieger waren fast alle Männer des Reichs, das kaum weniger bevölkert war als Schottland.

Doch die Macht baute nicht alleine auf einer Armee auf. Die Galeeren konnten auch Waren viel rascher an viel weiter entfernte Orte bringen – nach Irland, England oder Europa zum Beispiel. Der Handel war eine Stütze des der Lords of the Isles. Während sich Schottland also in Kriegen verzehrte, blühte die Wirtschaft auf den Inseln.

John of Islay unterstützte diese friedliche Entwicklung des Handels, wo er konnte. Er förderte außerdem die Kunst und half bei Kirchengründungen. Diese Engagemente brachte ihm bald den Spitzamen „Good John of Islay“ ein. Und er sorgte so für einen relativen Wohlstand, auf dem auch seine Macht fußte.

Finlaggan – das Herz des Reiches

Der Lord of the Isles regierte von einer kleinen Insel aus. Diese Insel lag aber nicht im Meer, sondern in einem Süßwasser-Loch auf Islay. An seiner Seite wusste der Herrscher einen Rat, das Council of the Isles.

Noch heute kann man in Finlaggan die Ruinen der Gebäude besuchen, kann nachfühlen, wie hier beraten und gefeiert wurde.

Insel im Loch Finlaggan
Insel im Loch Finlaggan

Erst der letzte Lord of the Isles verlagerte seinen Regierungssitz weg von Islay aufs Festland – zum Unmut seiner Untertanen …

Wie das Reich der Inseln unterging

John, der erste Lord, war ein geschickter Politiker. Er führte kaum selbst Kriege, heiratete jedoch zweimal, paktierte geschickt und gewann so Land hinzu, festigte sein Reich.

Doch leider: Seine drei Nachfahren erwiesen sich als weniger diplomatisch, legten sich immer wieder mit dem nun stärker werdenden Schottland an. Und so existierte die Lordship of the Isles nur etwa 180 Jahre lang.

Schon Johns Sohn Donald wollte sich die Grafschaft Ross einverleiben und geriet so in Konflikt mit dem dortigen Herrscher, dem Herzog von Albany. Donald verlor die Schlacht um das Land, kam aber noch glimpflich davon.

Donalds Sohn Alexander legte sich wegen der Grafschaft Ross dann direkt mit dem schottischen König James I. an. Der setzt den Inselherren kurzerhand gefangen und griff Alexanders Reich an, um es in seine Kontrolle zu bringen. Dieser Angriff konnte der Clan Donald bei Inverlochy abwehren, Alexander kam wieder frei und hatte – um des Friedens Willen – sogar sein Ziel erreicht: Er durfte sich künftig Earl of Ross nennen und gewann zeitweise sogar noch Dingwall und Inverness im Osten Schottlands dazu. Auch die Insel Skye fiel ab 1438 in seine Hände.

So hatte um 1450 die Lordship of the Isles ihre größte Ausdehnung, und noch einmal war Frieden zwischen der Krone und den Lords.

Der Vierte Lord, er hieß wieder John (also John II.), besiegelte jedoch das Schicksal seines Reiches. Als er 1470 allzu ungeschickt mit den Engländern gegen den schottischen König agierte und dieses Komplott aufflog, wurden ihm die meisten seiner Ländereien genommen. Zwar war er noch bis 1493 offiziell der Lord of the Isles, doch mit viel weniger Macht. Außerdem durfte er den Titel nicht mehr weiter vererben. Er ging an das Herrscherhaus auf dem Festland.

Das eigenständige Reich ging somit 1493 unter, wurde ein Teil Schottlands. Der Titel „Lord of the Isles“ aber existiert noch heute – sein Träger ist der Prince of Wales, William. Heute darf er seine Briefe unterschreiben mit „Dominus Insularum“, Herrscher der Inseln.

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