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Na Gearrannan Blackhouse Village – bewohnbares Museum auf Lewis

Ein Dorf aus alter Zeit zeigt das Leben der Inselbewohner um 1900. Und man kann dort nicht nur das Museum besuchen, sondern auch übernachten. Gemütliches Torffeuer inklusive.

Na Gearranan Eingang
Na Gearranan Eingang

Seit Jahrzehnten hatten die geduckten, dunklen Häuser ihre Bewohner vor dem scharfen Westwind geschützt, der von der nahen Atlantikküste durch die kleine Straße von Gearrannan fegt. Doch 1970 erhellten kaum noch Kinderstimmen die Stuben mit ihrem Klang. Hochzeiten feierte man hier schon lange nicht mehr. Nur das Murmeln der wenigen Alten war geblieben, die sich noch Geschichten erzählten, während sie die Wolle für den Harris-Tweed sponnen.

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Geschichten wie die von John MacLeod, seiner Streitlust, seiner Gier und seinem Verlust. Das war um das Jahr 1835 herum. MacLeod destillierte gerade mit einigen Freunden Whisky, als ein Fremder erschien. Da er den Alkohol schwarz brannte und den Mann für einen Steuereintreiber hielt, gab es ein Handgemenge. Der vermeintliche Steuerbeamte landete im heißen Sud und verbrannte sich schwer. Wie sich herausstellte, war der Fremde aber nur ein Kesselflicker.

John MacLeod war also schuldig, wie einer nur schuldig sein konnte. So packte er am gleichen Tag seine Sachen und floh aus seinem Dorf nach Amerika. Das Schicksal meinte es gut mit ihm: Er fand sein Glück in der Tochter eines Indianer-Häuptlings. Ihr Name war Haidawah, sie gebar ihm bald ein Kind. Doch als der Goldrausch Mitte des Jahrhunderts ausbrach, trieb ihn die Gier fort von seiner Familie. Jahre verbrachte er auf der Suche nach dem wertvollen Metall, reich wurde er dabei nicht.

Haidawah konnte nicht ewig warten. Auf anraten ihres Vaters heiratete sie erneut und gründete eine weitere Familie. Als MacLeod doch zurückkehrte war sein Glück dahin. Zerknirscht gründete er ebenfalls eine neue Familie, und so zog die Zeit ins Land.

Am Ende ihrer Tage, als beide neuen Eheleute gestorben waren, konnten John und Haidawah sich erneut das Ehe-Versprechen geben. So blieben ihnen immerhin einige glückliche Jahre …

Na Gearranan und der Weg zum Meer

Doch so gut es noch für John MacLeod ausging, diese und andere Geschichten erzählten fast immer davon, wie Dorfbewohner ihr Heim im Stich lassen mussten. Zum Beispiel zur Zeit der Kartoffelmissernten Mitte des 19. Jahrhunderts, als es viele John MacLeod nachtaten und ihr Glück in den fernen Landen suchten. Andere ehemalige Bewohner kamen in einem der zwei großen Kriege des 20. Jahrhunderts ums Leben, junge Männer. Und wer dennoch zurück kam, erlag bald den Verlockungen der Städte auf dem britischen Festland: Bessere Arbeit, angenehmere Wohnungen, ein leichteres Leben.

So wurde es immer stiller im Dorf. So still, dass schließlich auch die Alten nicht mehr bleiben wollten. Anfang der 1970er schloss der letzte Bewohner die Tür hinter sich und Gearrannan hätte sicher bald das Schicksal vieler Blackhouse Villages geteilt: Den langsamen Verfall, das Versinken in der Vergessenheit.

Es kam anders. Denn einige auf der Insel erkannten, dass diese alten Häuser die letzten ihrer Art waren, dass sie erhaltenswert seien, dass sie ein Teil der alten Kultur sind.

Und so erfüllen wieder viele Stimmen das Dorf: Museumsbesucher schnuppern am gestapelten Torf, lugen neugierig in die alten Zimmer oder lassen sich die klappernde Webmaschine vorführen. Wanderer heizen abends die Feuer in den Steinkaminen der renovierten Unterkünfte. Spaziergänger schlendern auf dem Weg zum Strand durch die kleine Hauptstraße und runden ihren Besuch mit einem Kuchen im kleinen Café ab.

Heute ist Gearrannan ein Botschafter der Zeit; eines der wenigen Dörfer, die noch zeigen, wie die schottischen Bauern in den letzten Jahrhunderten gelebt hatten.

Wissen: Über das Dorf

Originaleinrichtung von 1955

Gearrannan wird in etwa „Garenin“ ausgesprochen – das ist übrigens auch sein englischer Name. Nicht immer befand sich das Dorf hier. Die ersten Siedlungen waren ein ganzes Stück südlicher. Erst Ende des 19. Jahrhunderts wurden die traditionellen Blackhouses an der Stelle gebaut, an der sie noch heute stehen.

Das Dorf besteht aus neun renovierten Häusern, in vier davon kann man sich als Gast einbuchen. Dabei sind die Unterkünfte in verschiedenen Standards gehalten: Von der Bettenburg für 14 Leute, bis zur  4 Sterne Unterkunft für kleine Familien.

Ein anderes Blackhouse dient als Museum, das die traditionelle Einrichtung um 1955 zeigt. Ein weiteres beherbergt schließlich den Shop und das kleine Café.

Tipp: Webstuhl in Aktion

Webstuhl in Aktion

Wenn man das Museumshaus besucht, in dem die Originaleinrichtung zu sehen ist, sitzt dort oft ein älterer Herr im blauen Trainingsanzug. Wenn man ihn freundlich anspricht, klemmt er sich hinter den großen Webstuhl nebenan und zeigt live und laut, wie man hier den Harris-Tweed gewebt hat. Er betreibt den Webstuhl mit der Muskelkraft seiner Beine, während er in atemberaubendem Tempo das Webschiffchen durch den Stoff schießt.

Persönliche Anmerkung: Torf und Kuchen

Uns hat es besonders der Stapel Torf angetan, denn für das wunderbar riechende Brennmaterial haben wir uns schon immer begeistert. Auf freundliche Anfrage im Shop haben wir sogar ein kleines Stück davon bekommen. Diese Freundlichkeit wurde noch durch einen guten, selbstgebackenen Kuchen im Café abgerundet, so dass der Besuch ein wunderschönes Erlebnis war. Allerdings muss man sagen, dass es einem auch nicht so viel Neues vermittelt, wenn man schon das Museum of Island Life auf der Isle of Skye besucht hat.

Torf und alter Karren

Anfahrt:

Mit Navigationsgerät: „HS2 9AL“ eintippen, das bringt einen direkt zum Dorf.

Ohne Navi: Von der Hauptstadt Stornoway aus fährt man zunächst Richtung Tairbeart, nimmt dann aber kurz nach der Stadt den Abzweig auf die Bennadrove Road A858. Einige Meter weiter, muss man links Richtung „Carlabhagh“ (Carloway abbiegen. Auf dieser Straße nun für rund 35 Minuten bleiben, bis man  über die Steinbrücke hinter Carloway kommt. Hier weißt schon ein Schild auf Gearrannan hin. Links abbiegen und die Straße bis zum Ende durchfahren.

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