Glasgow Necropolis – die schottische Stadt der Toten

Durch das goldene Tor, über die Seufzerbrücke hinein in die Stadt der Toten. Die Glasgow Necropolis beherbergt so viele Tote, wie eine mittelgroße Stadt Einwohner hat. Und die hausen hier in durchaus ansehnlichen viktorianischen Palästen.

Blick über die Necropolis Glasgow
Blick vom Necropolis Hügel

50.000 tote Menschen haben über die Bridge of Sighs, die Seufzerbrücke, ihre letzte Reise angetreten. Heute passieren hingegen tausende Lebende die Brücke, die den Haupteingang zur Glasgow Necropolis bildet. Auch sie sind Reisende, aber glücklicherweise nur auf Durchgang.

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Dass dieser Friedhof in Schottlands größter Stadt zurecht beliebt ist, liegt an seiner Schönheit: Alte viktorianische Pavillons, Gruften und Denkmäler schmiegen sich an den Hügel „The Craigs“, ganz oben krönt die Säule des Reformators John Knox die Szenerie – er liegt aber hier nicht begraben.

Tor zur Necropolis Glasgow
Tor zur Necropolis

Dabei war die Glasgow Necropolis ursprünglich ganz den Lebenden vorbehalten. Denn sie wurde zunächst als Park konzipiert, mit vielen Tannen und dem John Knox-Denkmal als Mittelpunkt. Im Jahr 1650 hatte die Handelskammer das Grundstück gekauft und Glasgows Bürger nutzten es als eine Art Naherholungsgebiet.

Erst 1831 schlug der damalige Kämmerer John Strang vor, aus dem Park einen Friedhof nach dem Vorbilde des „Père Lachaise“ in Paris zu machen. Ein Platz für alle Konfessionen, der sich außerhalb der Stadt befand und dennoch beim Besuch eine Inspiration für die Lebenden war. Gleichzeitig sah er darin eine gute Geldquelle, denn bisher waren Begräbnisse immer von Kichen-Gemeinden durchgeführt worden.

Brücke zur Necropolis Glasgow
Brücke zur Necropolis

Es gab eine Ausschreibung unter Architekten und der Plan des Gewinners wurde rasch in die Tat umgesetzt. Schon 1832 wurde als erster Toter der Jude Joseph Levi in der Glasgow Necropolis beigesetzt. Viele weitere Begräbnisse folgten. 1836 wurde schließlich die Brücke über den Molendinar Bach eingeweiht.

Brücke seitlich
Brücke seitlich

Da hier die Toten oft unter Schluchzen zum Friedhof getragen wurden, bekam sie den Spitznamen „Bridge of Sighs“, zu Deutsch „Seufzerbrücke“. Darin ist auch eine Anspielung auf die gleichnamige Brücke in Venedig enthalten – dort wurden jedoch Gefangene hinüber geschafft.

Grabstein
Grabstein

Moment mal: Die Brücke führte über einen Bach? Davon ist heute nichts mehr zu sehen! Richtig, denn begraben wurden bei der Necropolis nicht nur Menschen. Auch der „Molendinar Burn“ wurde unter die Erde befördert – in einen Kanal unter der Wishart Street. Dort fließt er auch heute noch bis zum River Clyde.

Oben am Ende des Wegs über die Brücke steht der Besucher zunächst vor einer Art vermauertem Tor. Tatsächlich sollte das ursprünglich ein Zugang zu Katakomben werden. Es sollte nur einen bewachten Durchgang zu den Toten geben, um den Diebstahl von Toten für anatomische Studien zu verhindern – ein großes Problem des beginnenden 19. Jahrhunderts. Doch 1832 erließ die britische Regierung den „Anatomy Act“, der das Sezieren gespendeter Leichen erlaubte. Damit verschwand das Problem der Grabräuber über Nacht und so auch die Idee der Katakomben. Der einstige Eingang wurde verschlossen. Schutzlos ist die Glasgow Necropolis dennoch nicht: Park Rangers wachen über die Ruhe der Toten und patrouillieren nachts.

Am Ende der Seufzer-Brücke
Geplanter Katakomben-Eingang

Über die nun beinahe zwei Jahrhunderte ihres Bestehens wurde die Glasgow Necropolis mehrfach erweitert. 1960 schließlich übergab die Handelskammer den Friedhof zusammen mit einer Spende von 50.000 Pfund an die Stadt Glasgow.

Heute finden nur noch selten Begräbnisse in der Necropolis statt, denn nur wessen Familie schon einen Bereich besitzt, darf hier bestattet werden. Dafür tummeln sich zwischen den Mausoleen wieder die Lebenden und staunen über die Stadt der Toten in Schottland.

Wissen: So viele Gräber hat die Glasgow Necropolis

Der Weg zwischen den Gruften
Der Weg zwischen den Gruften

50.000 Menschen sollen auf dem Friedhof liegen. Doch nicht jeder davon hat einen Grabstein. „Nur“ 3.500 Denkmäler stehen dort auf 15 Hektar, was mehr als 20 Fußballfeldern entspricht. Der Rest der Toten befindet sich ungekennzeichnet unter dem Gras, über das wir Touristen spazieren – ein etwas gruselige Vorstellung.

Die Denkmäler wurden dabei oft von bekannten Architekten entworfen, wie zum Beispiel dem schottischen Designstar Charles Rennie Macintosh. Natürlich konnten sich nicht alle so einen Prunk leisten, einige wurden daher an verdiente Bürger gestiftet.

Große Bauten in der Necropolis
Monteath Monument

Um den Erhalt des Friedhofs zu sichern, haben sich die Friends of Glasgow Necropolis gegründert. Sie organisieren auch gemeinsame Begehungen mit ausführlichen Informationen für die Teilnehmer. All das tun sie ehrenamtlich, alle Gelder gehen die Restaurierung der Bauten der Necropolis.

Und noch ein wissenswertes Detail: Der Name Glasgow könnte „Ort des grauen Felsens“ bedeuten und den immerhin zweitgrößten Hügel der Stadt bezeichnen. Eben jenen Hügel, auf dem heute die Necroplis steht.

Tipps: Lange Wartezeiten für menschenleere Fotos

Sarg in der Necropolis
Sarg in der Necropolis

Als wir im Juni die Glasgow Necropolis besuchten, waren tatsächlich viele andere Touristen dort. Und da kann es eben auch länger dauern, bis man zum freien Fotoschuss kommt. Darum lautet mein Tipp tatsächlich: Bringt Zeit mit, wenn Ihr hier schöne Aufnahmen ohne andere Touristen machen wollt.

Ansonsten empfand ich den Blick vom Knox-Denkmal Richtung Tennents Brauerei und den freien Blick über die Stadt am schönsten zu fotografieren. Und unbedingt auch auf die kleinen Details an und auf den Grabsteinen achten.

Persönliche Anmerkung: Kein Einlass in die Stadt der Toten

John Knox Denkmal
Oben steht das John Knox Denkmal

Meist steht bei den Reiseführern und auf der Webseite, dass Besucher bis Dämmerung in die Necropolis hinein dürften oder sie zumindest bis 17 Uhr geöffnet sei. Dementsprechend traurig waren wir, als bei unserem ersten Besuch gerade 16 Uhr verstrichen war und das als Zeit des letzten Einlass galt. Die Wächter an den Toren wiesen uns ab. Wir waren sehr enttäuscht.

So sind wir dann am Tag unseres Abfluges mit dem Mietwagen hierher gefahren, früh genug und mit viel Zeit. Es hat sich gelohnt!

Anfahrt:

Die Necropolis liegt auf der Bus-Stadtrundfahrt des Anbieters Citysightseeing Glasgow, die am George Square startet. Der Bus kommt hier je nach Saison bis abends alle 10 oder 20 Minuten vorbei (vorher beim Fahrer informieren). Ein Ticket für zwei Tage zum Preis von zirka 15 Pfund lohnt sich auch, wenn man das Angebot nutzen will, um weitere Sehenswürdigkeiten in der Stadt zu besuchen.

Auch mit dem Auto kann man die Necropolis erreichen, dazu empfehle ich ein Navigationsgerät, darin gibt man zu Beispiel die Straße „Cathedral Square“ nahe der St Mungo’s Cathedral ein, in der man auch kostenpflichtige Parkplätze findet. Wer ein Navi mit Mapcode besitzt, kann „0QL.KC“ eingeben – mehr Infos dazu hier.

Glasgow Necropolis Infos

BesonderheitEine "Stadt der Toten" mitten in Glasgow mit großen, alten Bauten und viel morbidem Charme

Öffnungszeitletzter Einlass 16 Uhr

KostenEintritt frei

Mapcode für Navis0QL.KC
» Was ist das?

Postcode für NavisWishart Street Glasgow, Glasgow City G4 0UZ

WebseiteHier klicken

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3 Kommentare zu “Glasgow Necropolis – die schottische Stadt der Toten

    Von Marc

    Ich war 2012 zum ersten Mal dort und obowhl ich es überhaupt nicht auf der Liste hatte war ich ebenfalls sehr begeistert. Die Atmosphäre dort ist wirklich einzigartig und die Aussicht ist auch super.

    Ich wusste nicht, dass es überhaupt Öffnungszeiten gibt. Das ist eine gute Info!

    Ich meine ich sei damals zu Fuß dort gewesen, aber es war auch eine ziemliche Wanderung :)

    Ja, da war ich auch erstaunt. Ich kann nicht sagen, dass das immer so ist, aber im Juni, als wir dort waren, haben die jeweils um 16 Uhr die Tore geschlossen.

    Von Clemens

    Dem freundlichen Wolkenspiel nach zu urteilen stapften wir womöglich am selben Junitag durch die Glasgow Necropolis ;-)) Gegen später verdichten sich die Wolken zusehends, was der ganzen Szenerie eine anheimelnd-morbide Düsterkeit verpasste: wie geschaffen für allerlei abseitiges Fotoequipment à la Holga, Lomo, Lensbaby & Polaroid. Allerdings kann an bevölkerten Sonntagnachmittagen schon mal die Atmosphäre empfindlich leiden (Erfahrung beim ersten Besuch dort).
    Übrigens, die opening times hängen womöglich vom gewählten Eingang ab: „8am until 5.30pm (vehicle entrances), open from 7am till dusk daily (pedestrian entrance only)“. Ohne an Öffnungszeiten zu denken, tappten wir nämlich kurz vor 17.00 Uhr noch durch die Anlage … und kein Sarkophag öffnete sich, keine Mumie vertrieb uns …

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