Eine der bezauberndsten Ruinen Schottlands steht am Loch Awe: Kilchurn Castle erzählt von der Expansion des Campbell-Clans und dessen starke Frauen.
Zwei Frauen entschieden das Schicksal dieser Burg. Eine soll den Aufbau geleitet haben, die andere schickte die Burg ungewollt in die Bedeutungslosigkeit. Dazwischen lagen rund 200 Jahre, in der Kilchurn Castle eine wichtige Rolle bei der Ausdehnung der Campbells von Glenorchy spielte.
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Margaret war laut Legende die erste. Sie lebte als eine von vier Ehefrauen des Colin Campbell, Spitzname “Cailean Dubh na Roimhe” – der “Schwarze Colin Roms”. Colin war Kreuzfahrer, also viel unterwegs. Darum beaufsichtigte seine Frau Margaret den Bau von Kilchurn Castle als Sitz über die Ländereien am Glen Orchy, die Colin geerbt hatte.
Besucher, die oben auf der Burg stehen, begreifen schnell, weshalb Margaret und ihr Mann Kilchurn Castle genau an diesem Platz erbauten: Nach Westen hin sieht man fast das gesamte Loch Awe entlang. Mit 41 Kilometern immerhin das längste Süßwasserloch Schottlands.
Richtung Nordosten erstreckt sich Glen Strae, im Osten schließlich Glen Orchy. Kilchurn beherrschte damit den Knotenpunkt vieler Verbindungen auf dem Weg zur Küste.
Auch für die Verteidigung war der Platz bestens geeignet. Heute steht Kilchurn Castle auf einer Landzunge, die in das Loch Awe ragt und die nur bei Hochwasser unpassierbar wird. Doch der See senkte sich erst im 19. Jahrhundert ab, als der Ablauf zum Glen Etive verbreitert wurde. Davor stand Kilchurn also auf einer Insel. Einige Quellen sagen, es hätte einen knapp unter dem Wasserspiegel liegenden Damm als Übergang gegeben.
Zu Beginn war Kilchurn Castle auch ein “Towerhaus”, also ein Wohnturm – ähnlich wie heute noch Castle Stalker. Über die nächsten 200 Jahre aber wurden immer weitere Elemente angebaut.
Auch Grey Colin Campbell, der in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts Laird of Glenorchy war, erweiterte Kilchurn noch um Rundtürme und weitere Elemente.
Kate Ruthven, Frau von Grey Colin Campbell war entscheidend daran beteiligt, dass Kilchurn langsam in der Bedeutungslosigkeit versank. Die Familie Ruthven stammt aus Perthshire, also weit östlich von Loch Awe. Durch sie knüpfte auch Colin rege Kontakte in den Osten und in die schottischen Lowlands hinein. Darum zog es die Familie Campbell of Glenorchy also weiter in diese Richtung. So erwarb man große Teile von Breadalbane, dem Land der MacNabs bei Loch Tay und Killin.
Dort, am östlichsten Ende des Reiches an der Spitze Loch Tays baute die Campbell of Glenorchy-Familie ihren neuen Sitz: Balloch Castle, heute Taymouth Castle. Und aus den Glenorchys wurde später das Geschlecht der Campbells of Breadalbane.
Kilchurn Castle bekam zunächst Burg-Verwalter: die MacGregors, ein benachbarter Clan. Das ging allerdings nicht lange gut. Noch während der Lebzeit von Grey Colin kam es zu einer Blutfehde zwischen beiden Clans, die Colin gewann – er richtete persönlich das Oberhaupt der MacGregors hin.
Die Nachfahren Grey Colins erhielten die Burg weiter. 1685 wurde Kilchurn sogar das einzige Mal in ihrem Dasein belagert: Innen die Campbells von Breadalbane, außen die Campbells von Argyll. Eine interne Clanfehde.
Dank der strategischen Lage war die Burg für Regierungstruppen während der Jakobitenaufstände eine gute Unterkunft. So ließ der Earl of Breadalbane Kilchurn um Baracken erweitern, was der Burg ihre heutige Form bescherte. Vergeblich versuchte der Earl jedoch Kilchurn Castle an die Regierung zu verkaufen. Nach der Schlacht bei Culloden und dem Bau von Befestigungen wie Fort William, hatte die aber kein Interesse daran.
Und so ließen die Breadalbanes Kilchurn Castle verfallen.
Die Ruine führte bald ein zweites Leben. Als romantische Kulisse für viele Schottlandreisende, darunter auch viele Maler und Dichter. Sie alle wurden verzaubert von Lage und Umgebung der Burg. Und diesen Zauber hat Kilchurn Castle bis heute nicht verloren.
Wissen: Die Campbells of Glenorchy
Über Katherine Ruthven und Grey Colin weiß man relativ viel, da deren Briefwechsel erhalten ist. Ein seltener Glücksfall für Forscher, die die sogenannte Breadalbane Collection aufarbeiten konnten. Neben dem Schriftwechseln sind von Kate auch drei Kunststickereien in Form von Quervorhängen erhalten. Auf einer sieht man Schöpfungsgeschichte sowie Wappen der Campbells und der Ruthvens.
Die Vorhänge gelten als die frühesten noch erhaltenen Stickereien aus Schottland und sind im Pollok House in Glasgow ausgestellt.
Tipp: Auf den Zinnen von Kilchurn Castle
Achtung: Derzeit scheint der Innenhof gesperrt zu sein, man kann die Castle also nur von Außen ansehen.
Wer halbwegs schwindelfrei ist, sollte hoch auf die Zinnen und Turmecken. Von hier aus kann man den Blick in alle Richtungen genießen.
Im Burghof sollte man auf das seltsame runde Podest im Gras achten:
Dabei handelt es sich aber um einen der Turmsockel der Burg, der durch einen Blitzeinschlag weggesprengt wurde und in den Hof gefallen ist.
Ansonsten sollte man sich auch die Zeit nehmen und einmal um die Castle herumgehen, um ihre Höhe und Wehrhaftigkeit zu sehen.
Noch ein Tipp, den Charly uns in den Kommentaren gab: Von der Castle aus kann man am Loch Awe bis ins Glen Martin entlangfahren, abseits der Hauptstraße. Es geht los von der A85 direkt bei der Castle, auf die A819 zunächst nach Inveraray, dann aber nach einer Weile Richtung Cladich und Ford auf der B840. Man endet dann auf der A816 kurz vor Kilmartin.
Anfahrt:
Mit Navigationsgerät: Der Postcode der Gegend lautet “PA33 1AJ”.
Ohne Navi: An der Nordspitze des Loch Awe führt die A85 vorbei.
Sie startet entweder im Westen von Oban kommend – dort den Hinweisschildern nach Crianlarich folgen. Die A85 führt zunächst Richtung Ft William, dann biegt sie vor der Connel Bridge ab nach Taynult und Crianlarich. Der Straße entlang dem Loch Awe immer weiter folgend bis in den Ort Lochawe. Wenn man schließlich den River Orchy überquert, darauf achten, dass rechts ein Parkplatz kommt.
Von Glasgow oder Edinburgh aus muss man zunächst nach Crianlarich und folgt dann bei Tyndrum den Hinweisschildern nach Oban. Nach einiger Zeit trifft links die Straße von Inveraray kommend auf die eigene Route. Dann dauert es nicht mehr lange, ehe links der Schlammparkplatz liegt.
Von Inveraray aus nimmt man die A819 nach Oban und Crianlarich. Sie trifft dann auf die A85, auf die man links abbiegt.
Parken kann man auf einem Schlammparkplatz nahe der Straße. Von hier aus geht es zu Fuß weiter über eine Weg, der unter der Eisenbahnbrück hindurch führt. NICHT über die Bahnschienen gehen, das ist gefährlich. Zudem bietet die Brücke durchaus ein nettes Fotomotiv ab:
Danach sieht man die Castle schon in der Ferne.
Insgesamt ist es knapp unter einem Kilometer zu Fuß, ehe man am Eingang der Burg steht. der Weg ist gut, aber es lohnen sich dennoch gute Schuhe, da sich nach Regen viele Pfützen bilden.
Wer von hier aus nach Süden muss oder will, kann, wenn er Zeit hat, eine für Schottland außergewöhnliche Straße nehmen: die B840 am Südufer vom Loch Awe. Beginnend bei Cladich an der B819 (von Loch Awe nach Inverary). Sie führt bis nach Kilmartin an der A816.
Das Besondere an dieser Straße: Für 21 Meilen führt die Singletrackroad bis nach Ford fast nur durch Wald und immer wieder taucht das Ufer von Loch Awe auf – manchmal nur wenige Meter von der Straße entfernt. Relativ wenige Häuser, an denen man vorbeikommt. Am südlichen Ende zwei versteckte Burgruinen – die ich leider verpasst habe. Dort kann man nicht schnell fahren. Ich bin dort Heute mit gemütlichen max. 30Meilen/h gefahren. Dort ist kaum Verkehr. Unbedingt geeignet für Touren mit dem Fahrrad.
Zu beachten gilt: Wer einmal die Strecke angefangen hat, kann sie nur bis zum Ende durchfahren. Es gibt keine Abzweigungen zurück auf die B819.
Für mich war die Fahrt eine Wohltat. Zum einen wegen der gemütlichen Geschwindigkeit und zum anderen mental. Abgeschiedenheit einmal anders in Schottland. Eine Einladung zum gemütlichen Wandern, Zelten oder Angeln. (Angelerlaubnisse waren an mehreren Stellen zu erwerben.)
Hallo Charly,
danke für die ErFAHRung :) Die Straße ist mir auf Landkarten schon aufgefallen, aber ich habe sie selbst noch nicht abgefahren, aber nach Deiner Schilderung, setze ich sie auf meine Liste.
Die eine Burgruinen am Ende wird Innis Chonnel sein, denke ich. Siehe hier:
https://canmore.org.uk/site/23162/loch-awe-innis-chonnel-castle
Sie war ebenfalls ein Sitz der Campbells.
Viele Grüße
Stephan
Hallo. Wir sind diese Stecke mit dem Wohnmobil gefahren. War absolut der Hammer. Leider sah man aber nicht viel vom Loch, da man meistens ein wenig vom Ufer entfernt entlang fuhr. Mit dem Womo würde ich es nicht mehr befahren, da viele Schlaglöcher. Aeste ragen in den Weg und ja wenden kann man paktisch nicht. War aber trotzdem eine Hammer-Strecke die tatsächlich nur langsam befahren werden konnte. Gruss Marki
Danke für die Erfahrung :o)
Hallo,
Kilchurn Castle kann leider nicht mehr besichtigt werden (August 2022), die Burg ist mittels Bauzaun abgesperrt.
Es ist aber immer noch ein großartiger Anblick, für mich eine der schönsten Ruinen Schottlands.
Gruß
Markus
Ganz lieben Dank für den Hinweis. Ich nehme an, dass das aber vorübergehend ist. Insgesamt werden viele Burgen und Ruinen gerade überarbeitet