Das Wissen der gälischen Welt lag einst in diesen Gemäuern. Leider blieb nicht viel davon übrig. Warum die Schriften des Teampall na Trianaid ein Raub der Flammen wurden.
Teampall na Trianaid, das heißt zu Deutsch: Dreifaltigkeits-Tempel. Doch wenn sich Besucher der Ruine auf North Uist nähern, versprühen die wenigen Mauern einen eher spröden Charme, nur wenig deutet hier auf einen Prachtbau hin, wie es das Wort Tempel eigentlich vermuten lässt.
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Tatsächlich präsentierte sich der Tempeall na Trianaid seit jeher eher schmucklos, es waren stets seine inneren Werte, die zählten: gesammelte Schriften aus vielen Jahrhunderten. Teampall na Trianaid war eine Schule. Einige behaupten, er wäre die erste Universität Schottlands gewesen.
Schon um die Gründung ranken sich Legenden. Beathag (Beatrix), Tochter des legendären Inselherrschers Somerled, soll die Gründung des Teampall na Trianaid im 13. Jahrhundert veranlasst haben. Beathag, so wird es an einigen Stellen geschrieben, war eine wichtige Persönlichkeit als Vorsteherin des Nonnenklosters auf Iona, jener Insel, die als DAS Zentrum der Christen Schottlands galt.
Eine weitere berühmte Frau sorgte für den Ausbau des Tempels. Amie MacRuari, erste Gattin von John, Lord of the Isles, soll die Erweiterung um 1350 n. Chr. veranlasst haben. Amie war Mutter von Ranald, Begründer des Clan Ranald, eines mächtigen Seitenarms der MacDonald.
Über die nächsten Jahrhunderte suchten viele Schüler den Tempel auf und wurden dort unterwiesen. Einer der berühmtesten soll Johannes Duns Scotus gewesen sein, der bereits im 13. Jahrhundert philosophische Erkenntnisse verbreitete, die erst 600 Jahre später wieder von modernen Philosophen aufgegriffen wurden. Duns Scotus liegt übrigens im Kölner Dom begraben, ob er wirklich auf North Uist eine Ausbildung genoss, ist nicht erwiesen.
Der Teampall na Trianaid war verbunden mit einem weiteren Clan, den MacVicars. Sie waren Lehrmeister und Hüter des Wissens zugleich. Sie hatten sogar eine eigene Kapelle, die Besucher heute durch einen kurzen Durchgang vom Hauptteil des Tempels betreten können. “Teampall Chlann a Phiocair” – “Tempel des Clan Vicar” heißt das Gebäude darum auch.
Doch auch die MacVicars konnten den Verlust der Wissensschätze nicht verhindern. 1581 nämlich schwappte die Reformation auch auf die Äußeren Hebriden über. Der Tempel war den Reformern ein Dorn im Auge, und so wurde eine Verschwörung geplant. Mit einer Einladung zu einem Bankett lockte man den damaligen Tempelhüter Donald am Phiocair Mòr fort. Der witterte den Braten allerdings und befahl seinen Söhnen, alle Schriften aus dem Tempel zu entfernen und sicher zu lagern.
Als Donald fort war, bestätigten sich seine Befürchtungen: Eine Gruppe angeführt von einem Hugh MacDonald von Skye landete auf North Uist, brachte die Söhne von Donald am Phiocair Mòr um und brannte sämtliche Gebäude in der Nähe des Tempels nieder – auch das Versteck der Schriftstücke befand sich darunter. So gingen mehrere Jahrhunderte voll Kultur und Wissen in Flammen auf.
Die nächste blutige Episode um den Teampall na Trianaid fand 1601 statt. Eine Bande plündernder und mordender MacLeods von der Isle of Skye sollen einst im Gemäuer die Nacht verbracht haben. 40 Männer unter dem Anführer Donald Glas MacLeod aßen und tranken im Tempel. Davon bekam Donald MacIain ‘ic Sheumais auf Eriskay Wind und er machte sich mit zwölf Mann auf den Weg, um die MacLeods zu stellen. Da er zahlenmäßig unterlegen war, lockte er die MacLeods durch List aus dem Tempel in einen Hinterhalt. Das Schlachtfeld liegt nur wenige Minuten weg vom Tempel und ist heute mit einem Hinweisschild markiert. “Feith na Fala” – Blutgraben wird die Senke hier genannt. Die MacLeods wurden Stück für Stück aufgerieben, ihre Bögen hatten eine geringere Reichweite als die der MacDonalds. Nur Donald MacIain bekam einen Pfeil in den Fuß. Von den 40 MacLeods kehrten nur wenige zurück, um dem Chief die Niederlage zu berichten. Die Clanfede endete allerdings erst mit der nächsten Schlacht im Coire na Criche auf der Isle of Skye.
Obwohl bereits 1581 viel Wissen verloren ging, wurden im Teampall na Trianaid noch bis in das frühe 18. Jahrhundert hinein ausgebildet. Doch spätestens mit der Niederlage bei Culloden 1746 nahm die Bedeutung der kleinen Universität ab. Im 19. Jahrhundert begannen erste Teile einzustürzen. Das einstige Zentrum des Wissen verkam zur heutigen Ruine.
Erst 2011 kümmerte sich eine Organistaion um den Erhalt der Mauern. Sie wurden befestigt und ein Torbogen mit dem Restaurierungsjahr in lateinischen Zahlen wurde eingezogen.
Wissen: Warum es “Tempel” heißt
Das Gebäude war von Anfang an kein Tempel im Sinne einer Stätte zum Feiern von Gottesdiensten, es war stets eher eine Art Studieranstalt. Warum aber wurde der Bau dennoch “Tempel” genannt? Der Grund liegt vermutlich in seiner Beschaffenheit. Derartig massive Steingebäude konnten sich nicht alle leisten und so war das schon ein Grund, das ganze mit dem würdevollen Namen “Tempel” zu bezeichnen.
Es gibt übrigens mehrere Schreibweisen für den Namen: Teampal na Trianaid, Teampull na Trionaid oder auf Englisch Trinity Church.
Persönliche Anmerkung: Ein Muss auf North Uist
Wunderschönes Wetter, das hohe Gras wogt im Wind, die Sonne setzt die Gebäude ins richtige Licht. So hat mir der Besuch beim Teampall Na Trianaid gut gefallen. Allerdings braucht es schon viel Fantasie, um in dem schmucklosen Bau das zu erkennen, was ihn einst ausmachte: ein wichtiges Wissenszentrum des Mittelalters.
Eher als bizarr empfand ich die Grabsteine, die sich innerhalb der Gebäudemauern des Haupttempels befanden.
Dennoch gehört der Tempel bei einem Besuch auf Nort Uist mit zu den Sehenswürdigkeiten, die man sich nicht entgehen lassen sollte.
Anfahrt:
Mit Navigationsgerät: “HS6 5HR” bringt einen bis nach Cairinis, dort den Schildern zum Teampall folgen.
Ohne Navi: Der A865 auf North Uist folgen, bis man an das Hinweisschild nach Cairinis kommt. In die Richtung abbiegen und gleich danach die kleine Straße nach rechts zur Kirche abbiegen. An der Kirche parken und dem Fußweg zum Tempel nehmen. Der Fußmarsch dauert vielleicht fünf Minuten.